Veröffentlicht am 2 Kommentare

Musanze: Höhlen und mein erster 4000er!

Vergangenes Wochenende standen eigentlich nur die Höhlen bei Musanze (im Norden beim Volcanoes NP) auf dem Programm. David, der uns bereits vorher zweimal in Ruhango besuchte, hatte uns dazu eingeladen. Freitag Abend kamen wir in Musanze an und es war schon dunkel. Von seinen anderen Besuchern hörte ich schon, dass mich am nächsten Morgen eine schöne Überraschung erwarten würde. Ich rechnete schon mit einer schönen Aussicht, doch mit dem, was mich morgens um halb 7 erwartete, hatte ich nicht gerechnet: von seiner Veranda aus hat man einen beinahe perfekten Blick geradewegs auf drei große Vulkane; Sabyinyo, Gahinga und Muhabura, wovon letzterer der drittgrößte Berg/Vulkan Ruandas ist mit 4127m (Bilder siehe Galerie). Zum Pech der anderen Langschläfer hat man leider nur 30 Minuten später nichts mehr gesehen – Nebel.

Unseren Samstag Morgen starteten wir etwas chaotisch beim RDB Tourist Office, weil wir Zahlungsschwierigkeiten hatten (Kartenleser nahm unsere Visa und Mastercards nicht an) und weil eine ihren Pass Zuhause vergessen hatte. Obwohl wir eigentlich schon gut Zeit vertrödelt hatten, entschieden David und ich uns, einfach mal nach den Preisen für die Vulkanbesteigung zu fragen, da wir das ohnehin irgendwann vor hatten. Spontan wie wir sind, wurde aus „ohnehin irgendwann“ ein „Morgen“. Es gesellten sich auch zwei Mädels (auch deutsche Freiwillige) dazu, die ebenfalls mit wollten. Unsere Entscheidung, den Muhabura zu besteigen, ging ungefähr so: „Sabyinyo kann man nicht, die Andern sind zu weit weg, Gahinga wär‘ cool aber Muhabura ist doch viel spannender, der ist ein 4000er und allein der Name hört sich noch mächtiger an“. Auf was ich mich da leichtsinnig eingelassen habe, wurde mir erst klar, als ich bei David auf der Veranda in Richtung des Vulkans schaute, dessen Spitze mal wieder in den Wolken steckte. „Scheiße, der ist echt hoch“, dachte ich mir. Ich habe nichtmal einen 3000er vorher bestiegen)

Aber vorher waren wir ja noch in den Höhlen. Diese waren an sich etwas enttäuschend, da es wirklich nur blanker, ausgehöhlter Fels war. Allerdings sahen die vielen Ein- und Ausgänge absolut fantastisch aus! Knallgrüne Pflanzen, die durch Löcher aus der Decke hängen und schräg hereinfallendes Licht, mit Moos bewachsene Stufen; das sah schon toll aus. Etwas nervig war, dass wir Atemschutz und Handschuhe tragen sollten wegen dem Kot der vielen Fledermäuse. Dieser soll wohl Krankheiten auslösen, man wisse nur noch nicht welche. Naja, besser vorsichtig sein.

Den Rest des Tages sind wir noch durch Musanze gelaufen und haben uns umgeschaut. Dank der Probleme bei der Kartenzahlung haben weder Davids noch meine Kreditkarte funktioniert, sodass ich komplett blank war. Etwas ärgerlich, doch nicht so ärgerlich, was nun folgte: meine neuen Wanderschuhe, die ich diesen Tag zum ersten Mal trug, begannen sich aufzulösen. Genauer gesagt: die Sohle ging erst ein bisschen, dann komplett (!) ab. Und das einen Tag, bevor ich auf den Muhabura steige. Zu diesem Zeitpunkt waren es bereits 18 Uhr an einem Sonntag. Erst versuchte ich noch einen fähigen Menschen mit Schuhreperaturkünsten zu finden, doch das erledigte sich zunehmendst mit dem Lösen der Sohle. Eine Stunde später war es Aussichtslos, diese noch zu reparieren und mir bleib nur eins: neue kaufen. Nach einer Woche. Um 19 Uhr. Sonntags. Ziemlich gehetzt hechtete ich von Verkäufer zu Verkäufer, auf der Suche nach neuen Wanderschuhen. Das ist aber ein selbst zu guten Einkaufszeiten ein schwieriges Unterfangen. In Ruanda fand ich damals genau ein paar Wanderschuhe, das mir überhaupt passte. Davor wurde mir alles vorgeschlagen: Sportschuhe, Fußballschuhe, Stahlkappenschuhe (?!) und Timberlands, alles auf meine Frage nach „hiking shoes“. Letztlich habe ich es doch noch geschafft ein paar gut passende Schuhe zu erstehen. 27000 Rwf habe ich dafür noch mit meinem letzten MobileMoney Guthaben bezahlt. Eigentlich ein echt unverschämt hoher Preis, doch ich war einfach nur froh, dass Problem gelöst zu haben.

Achso, in Musanze gibt es auch einen Friseur, der dafür bekannt ist, auch glatte Haare von Bazungu zu schneiden für gerade mal 2000 Rwf. Dem stattete ich am selben Abend noch schnell einen Besuch ab, da es sowieso um die Ecke war. Grüße gehen an dieser Stelle an meine Friseurin in Deutschland, Anita. Ich freue mich darauf, endlich wieder sagen zu können „wie immer“ und zu wissen, dass es gut wird. Ohne kommunikative Schwierigkeiten. Nichts gegen ruandische Friseure, aber denen fehlt genauso die Übung mit glatten Haaren, wie den Deutschen die mit Afrohaaren. Schlecht wurde es nicht, nur etwas kurz wegen der vielen Korrekturen.

 

Muhabura

Montag, 5 Uhr morgens. Wir (David, Lara und ich) stehen auf, ziehen uns schnell ein paar Spaghetti rein und gehen dahin, wo wir auf unser angemietetes Auto  samt Guide und Fahrer treffen sollen. Aufgrund der Komplikationen des Vortags und der Gemütlichkeit der Ruander, gehen wir erst um 8:49 los. Begleitet werden wir von 3 bewaffnete Soldaten (um uns vor Büffeln zu schützen), 2 Guides und 2 Trägern. Die Tour ist insgesamt nur 6km lang, hat aber einen vertikalen Aufstieg von 1,5km. Anfangs, am Fuß des Vulkans, merkten wir von der Steigung nur wenig und wir gehen an Häusern und Feldern vorbei. Nach einer guten Stunde treffen wir auf einen Graben, der den Rand zum Nationalpark markiert – und vor Büffeln schützt. Diese schaffen es nämlich nicht durch den Graben und trauen sich auch nicht auf die Brücke. Direkt dahinter beginnt schlagartig tropischer Regenwald. In dem Moment wurde mir noch einmal klar, wie stark gerodet und überstrapaziert Ruandas Landschaft ist. Jeder Flecken Land, wird genutzt. Mit dem Regenwald kommt die Luftfeuchtigkeit und wir alle fangen heftig an zu schwitzen. Außerdem wird es deutlich steiler. Die Flora war sehr schön und eine gute Motivation um weiter zu gehen. Irgendwann wird es aber auch mit dieser Motivation etwas knapp für mich, sodass ich langsam zweifle, ob ich es wirklich packe. Doch ich sage nichts, bleibe weiter optimistisch; so motivieren wir uns gegenseitig. Beinahe genauso schlagartig wie der Regenwald begonnen hat, hört er auch wieder auf – Baumgrenze bei etwa 3300m. Innerhalb weniger Minuten wird es sehr kalt und der Wind fängt heftig an zu wehen, da ihn nun kein Baum mehr aufhält. Das ist echt fies, wen man gerade klatschnass geschwitzt aus dem Wald kommt. Nach ein paar Minuten habe ich mich jedoch umgewöhnt und es fällt mir insgesamt deutlich leichter, wegen der niedrigeren Temperatur. Mit zunehmender Höhe, schwindet die Vegetation immer weiter und es wird noch kälter, noch windiger. Mal gehen wir einen steinigen Weg hoch, mal einen matschigen, mal müssen wir und mehr oder weniger an Felsen hochziehen. Alles im Wechsel. Zwischendurch waren wir auch sehr nah am Abgrund und ich muss mich absolut konzentrieren. Ein falscher Tritt kann hier fatal sein. Es geht aber alles gut. 300 Höhenmeter vor der Spitze fällt mir der Atem immer schwerer. Meine Beine tun überraschenderweise weniger weh, als ich Regenwald, doch ich werde sehr langsam. Die Luft wird dünn, meine Lunge kommt einfach nicht mehr gut mit, doch ich gehe weiter; trotz kribbelnder Haut und leichtem Schwindel. Auch wenn der Weg beinahe in einer geraden Linie nach oben geht, gibt es immer wieder Kuppeln und flachere Stellen. Zusammen mit dem Nebel glaubte ich immer wieder das Ziel vor Augen zu haben, nur um wieder enttäuscht zu werden. 30 Höhenmeter vor der Spitze bin ich fertig. Mein Limit ist erreicht. Eigentlich hätte ich ab diesem Punkt nicht mehr weiter gehen sollen, denn der Weg ist hier alles andere als sicher und mein Schwindel hat sich stark verschlimmert. Auch meine Kräfte sind am Ende. Wenn es hinter dieser Kuppel nicht ist, war’s das, sage ich mir. Die Guides meinen, es sind nur noch 1-2 Minuten. Also schleppe ich mich doch noch die letzten Meter nach oben, eher auf allen Vieren als stehend. Tatsächlich, die Guides hatten recht. ich stehe vor einem Schild und einem See, dem Kratersee der Spitze. Ich falle ins Gras und fange tatsächlich an zu heulen. Vor Freude, aber auch Erschöpfung. 4127m über dem Meeresspiegel. Mir fällt das Atmen nun so schwer, dass ich den Anderen sage, sie sollen sich beeilen. Ich muss einfach wieder runter. Glücklicherweise taten wir wenige Minuten liegen aber sehr gut, so dass ich schon wieder lachen kann und eine Runde um den kleinen Kratersee drehe und Bilder zusammen mache. Vermutlich hätte ich einfach noch mehr Pausen auf den letzten Metern gebraucht.

Wenige Minuten später beginnen wir mit dem Abstieg und genau nun fängt es an zu Regnen. Über, oder auch in den Wolken. Je nach dem. Denn die Wolken sieht man hier förmlich vorbeirasen. Erst war ich nicht besonders froh damit, doch wir werden dafür belohnt. Durch den Regen haben sich die Wolken verzogen und uns offenbart sich nach all dem Nebel eine Aussicht, wie sie wohl nur wenige von diesem Vulkan bisher gesehen haben. Selbst unsere Begleiter bleiben stehen und genießen die Aussicht, Kilometerweit nach Uganda zur einen, Ruanda zur anderen Seite. Wir blicken auf viele Seen, Minivulkane, das Tal in dem Musanze liegt und unzähligen Hügeln dahinter. Nun hat sich der lange Aufstieg bezahlt gemacht und es macht den Abstieg umso leichter. Wider den Erwartungen Davids, dass der Abstieg schlimmer würde als der Aufstieg, ging es für mich sogar besser. Nichts desto trotz habe ich mich 7 mal fast auf den Hintern gesetzt, unabsichtlich.

Nach insgesamt 9 Stunden kommen wir endlich wieder unten an. Es wird gerade dunkel, als wir uns in den großen Geländewagen setzen. Glück gehabt, dass wir noch vor Dunkelheit ankamen.

Muhabura. Nicht nur der höchste Punkt über dem Meer, den ich bestiegen habe, sondern auch der Punkt, an dem ich meine körperlichen Grenzen kennengelernt und überschritten habe. Es war ein wunderschöner, aber unglaublich anstrengender Tag. Leider habe ich in Ruanda weitestgehend aufgehört Sport zu machen bisher, da ich bisher keine Alternative zu meinem Lieblingssport, dem Klettern gefunden habe. Doch mit Sponsoring meiner lieben Eltern, werde ich nun Anfangen in der Freizeit Rad zu fahren. Nicht nur auf dem Congo-Nile-Trail, sondern auch danach.

Ich möchte an dieser Stelle auch darauf aufmerksam machen, nicht die kleinen zierlichen Mädchen zu unterschätzen. Lara hat es zwar auch nur mit großer Anstrengung nach oben geschafft, doch ging es hier so wie aussah noch besser als mir. Meinen Respekt hat sie! Für David war der Aufstieg nicht so schwierig wie für uns; er fährt jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit und spielt Fußball, ist also deutlich fitter.

2 Gedanken zu „Musanze: Höhlen und mein erster 4000er!

  1. Hallo Martin,freut mich das ich meine Arbeit gut mache. ?? wünsche Dir noch viele schöne Erlebnisse in Ruanda !! Liebe Grüße , deine Friseurin Anita

Schreibe einen Kommentar zu Anita Molitor Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert