Kleine Anmerkung zum Anfang: mein Blog war in der letzten Woche zwischendurch nicht erreichbar, da ich technisch etwas „umgebaut“ habe. Eigentlich sollte nun alles wieder klappen. Wenn doch etwas komisch ist, schreibt mir bitte eine E-Mail an martin.weber97 [ät] t-online.de. Danke.
Zwölf Tage habe ich noch. Die Zahl ist so niedrig, dass man sie normalerweise als Wort ausschreibt. Eigentlich sind es nur noch elf, da mein Flieger nur 15 Minuten nach Mitternacht am 4. August geht. Was mir bleibt sind drei Tage Examensbeaufsichtigung und zum Abschluss nochmal jeden besuchen. Von manchen habe ich schon Abschied genommen.
Ich werde vieles hier vermissen. Als erstes fällt mir das traumhafte Wetter, aber auch die Entspanntheit und Abenteuer des ruandischen Lebens ein.
Auf der anderen Seite steht Deutschland, das mir eigentlich so vertraut sein sollte. Jetzt kommt es mir fremd vor, so unwirklich. Asphalt selbst vor der abgelegensten Haustüre, (warmes) Trinkwasser und Strom 365 Tage im Jahr, Autobahnen, Freibäder, Döner.
Das Leben in Deutschland hat schon viel zu bieten. Vor allem dann, wenn man es mit Geld kaufen kann. Nicht das das schlecht sei, aber ist es nötig Asphalt bis in den letzten Winkel zu haben, oder reicht auch guter Schotter? Muss man ein Freibad haben, wenn man wenige Kilometer weiter ein schönes Maar oder einen See hat? Ich denke Besitz ist Gewöhnungssache. Ich habe mein Leben lang warm geduscht und jetzt vermisse ich es doch etwas. Meint ihr die Ruander vermissen eine warme Dusche? Vor allem dann, wenn sie nie etwas davon gehört haben? Gut, hier lasse ich den Aspekt des Winters in Deutschland außer acht. Aber der Punkt ist ja der gleiche: man gewöhnt sich an alles, was man irgendwie kaufen kann.
Klar, Deutschland ist schon gewissermaßen ein Land in dem Milch und Honig fließen. Aber wichtig ist mir das eigentlich nicht besonders. Deswegen hat es mir selbst hier auf dem Land in Ruanda recht gut gefallen. Wenn ich hier etwas vermisst habe, dann war das meistens keine warme Dusche, auch kein Döner oder eine Autobahn. An die Umstände gewöhnte ich mich schnell. Was mir gefehlt hat in Ruhango, das waren die Dinge, die keiner Gewöhnung unterliegen: Freunde und Freizeitmöglichkeiten.
Ich habe oft geschrieben, das Ruhango für einen Weißen ziemlich einsam ist, allein schon wegen der Sprachbarriere. In Kigali war es dann schon deutlich einfacher, sich ein Umfeld aufzubauen. Mehr Menschen, die gut Englisch sprechen und (das ist mir recht wichtig), auch etwas Einblick in das Weltgeschehen haben. Mit denen man „tiefgründige“ Unterhaltungen führen kann, ohne jetzt kitschig zu werden.
Inzwischen mag ich sogar Nairobi. Die Stadt, über die ich wohl am meisten auf diesem Blog gelästert habe. Unorganisiert, dreckig, hohe Kriminalität. Aber wisst ihr was? Auch daran habe ich mich gewöhnt. Irgendwie passt man sich an; einfach das Handy in der Tasche zu lassen, das Chaos durchblickt man und den Müll sieht man irgendwann auch nicht mehr. Es wird erst dann auf Dauer schlimm, wenn einen beispielsweise das Chaos Freizeit kostet oder wenn man aufgrund von Unsicherheit bestimmte Stadtteile nicht mehr rund um die Uhr alleine betreten kann.
Mein Klassenlehrer in der Mittelstufe meinte immer „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“. Und da ist was dran.
Also, will ich zurück? Gibt es Dinge, an die ich mich in Deutschland vielleicht nicht mehr gewöhnen kann? Geschmacklose Tomaten und Horst Seehofer als Innenminister, das wird schon schwierig, aber nicht unmöglich. Spaß beiseite. Ich glaube, ich habe hier eine Menge Lebenserfahrung gesammelt, die mir das Leben in Deutschland schmackhafter machen kann, als es das vorher war.
Sieben Semester Informatik Bachelor in Deutschland, danach bin ich an nichts mehr gebunden. Global unabhängig mit einem Pass, der mich in 178 Länder bringt und einer Ausbildung, die einem überall Arbeit verschaffen kann.