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Abschlussreise auf zwei Rädern

Zum Abschluss meines Aufenthalts wollte ich nochmal so viel wie möglich von Ruanda sehen; jenen Orten die bisher von mir unentdeckt waren. Ein Jahr lang habe ich ein kleines Kärtchen mit mir rumgeschleppt, aber selten dessen Wert in Anspruch genommen: meinen Motorradführerschein. Da kam es recht passend, das Anfang diesen Jahres Motorbiking-Rwanda gestartet ist.

Anmerkung: Motorbiking-Rwanda ist das Business eines guten Freundes, für das ich gerne (freiwillig und unentgeldlich) etwas Werbung mache. Das ändert jedoch nichts an der Objektivität meines Tourberichts.

Motorbiking-Rwanda macht hauptsächlich begleitete Touren durch das ganze Land, hauptsächlich „rundum sorglos Paket“ mit Stopps in beliebten Nationalparks oder anderen Sehenswürdigkeiten. Wer will, kann auch komplett auf eigene Faust los und leiht sich nur eins der Motorräder aus. Diesen Service habe ich drei Tage in Anspruch genommen.

Jetzt aber genug Werbung.

 

Übersicht über meine Tour:

  1. Tag: Von Gisenyi/Rubavu gen Süden über Kibuye/Karongi nach Cyangugu/Kamembe. Also einmal komplett am ganzen Kivusee entlang auf der ruandischen Seite. Übernachtung in Kamembe.
  2. Tag: Durch den Nyungwe Forest, Huye und Nyanza. Übernachtung bei mir Zuhause in Ruhango.
  3. Tag: Durch den Bergigen Nord-Westen zurück nach Gisenyi. Nur ein halber Tag, da ich am selben Tag wieder Zuhause sein musste.

Der Verleih ist in Gisenyi/Rubavu, weshalb meine Tour dort startet und endet.

Tag 1

Die Nacht verbrachte ich in Gisenyi/Rubavu, fast schon etwas aufgeregt und mit unruhigem Schlaf. Mit dem Moto durch Ruanda war von Beginn an eine Wunschvorstellung, die bis zuletzt eher unwahrscheinlich schien.

Erster Abschnitt auf meiner Reise war die Nagelneue Straße von Gisenyi nach Kibuye. Mir wurde bereits gesagt es sollte nicht nur eine gute, sondern vor allem eine schöne Straße sein. Was soll ich sagen? Ich war überwältigt. Ich hab zwischendurch angehalten und gedacht „Boah! Ist das geil!“. Es ist wirklich mehr als nur Fahrspaß und kurviger Straße. Es gibt einen Atemberaubenden Ausblick nach dem anderen. Und wenn es gerade nichts zu sehen gibt, hat man immer noch eine makellose Straße mit angenehmen Kurven unter den Rädern. Angenehm für mich heißt: eng genug um nicht rasen zu müssen damit es Spaß macht, aber auch nicht wie Serpentinen, die man unter 30 km/h fährt. Kurvenmäßig der Eifel recht ähnlich, aber mit besseren Straßen und leider:

Mehr Erdrutschen. Bodenerosion ist in Ruanda ein weit verbreitetes Phänomen, das Aufmerksamkeit erfordert. Selten ist es ausgeschildert, wenn in der Kurve aufeinmal Tonnenweise Geröll liegt. Genauso überraschen können einen langsame LKWs oder Menschen, die mitten auf der Straßen gehen. Wie auf der Rennstrecke fährt es sich also auch hier leider nicht.

Gute drei Stunden später kam ich in Kibuye an. Im Gegensatz zur Straße vorher ist mir diese kleine Stadt nicht neu. Ich fuhr zum Hotel Saint Jean um dort Mittag zu essen und mich gemütlich in die Sonne zu legen, mit Sagenhafter Sicht über den See. Ich genoss eine Bolognese Pizza, die mir echt gut schmeckte. Wer direkt von Deutschland aus kommt, würde wahrscheinlich enttäuscht sein. Italienisches Essen wird zwar oft in Touristenorten angeboten, schmeckt aber meist nur mittelmäßig. Aber nach einem Jahr ohne richtig gute Pizza, haben sich meine Erwartungen etwas den örtlichen Standards angepasst

Etappe zwei des Tages ging Richtung Kamembe; oder Rusizi; früher auch Cyangugu. Die Namensreformen der Städte (z.B. Gisenyi → Rubavu oder Kibuye→Karongi) sorgen bis heute für Verwirrung. Ganz Schlimm ist es im Süd-Westen, wo man den ehemaligen Distrikt Cyangugu organisatorisch über den Haufen geworfen hat. Wie auch immer man es nennen mag, jene Stadt liegt in ähnlichem Terrain und auch die Landschaft dorthin hat gewisse Ähnlichkeiten mit der ersten Etappe. Auch die Straße ist brandneu. Es ist aber näher am Kivusee und man hat daher den Ausblick in die andere Richtung, eher nach Westen. Alles in allem keine große Veränderung und so wurde ich auch 30 km vor meinem Ziel etwas Müde.

Unglücklicherweise wurde ich genau hier, so kurz vor der Ankunft, von der Polizei angehalten. Gut, ich glaube ich war schon ein paar km/h zu schnell, aber es war nicht die Welt. Letztlich wurde ich nach der Standardfrage nach „Führerschein und Fahrzeugpapiere“ einfach weiter gewunken. Nur um dann nach 10 Minuten in die Arme der nächsten Kontrolle zu laufen. Gleicher Ablauf mit Frage nach den Papieren und weiter ging’s. Wohin? In Kontrolle Nummer 3.

Unbeschadet und ohne Knöllchen habe ich es aber dann doch noch nach Kamembe geschafft. Die Stadt ist wie Gisenyi an der Grenze zum Congo. Beide Städte haben auf der anderen Seite ihren Zwilling. Gisenyi ist mit Goma verwachsen, Kamembe mit Bukavu. So kommt es, das auch Kamembe eine wichtige Handelsstadt zu sein scheint. Es ist echt viel los. Auf der Suche nach der Bleibe für die Nacht habe ich mich zweimal verfahren. Einmal davon bin ich in der Marktstraße gelandet. Diese ist so voll, dass Fußgänger über die Hälfte der Straße einnehmen und Autos sich irgendwie durchschlängeln müssen. Ich bezog mein Zimmer, schlenderte aber noch etwas durch den Markt und guckte mir die Stadt an (siehe Bilder).

Im Hostel „New Hope“ kann man zwar preiswert für 5€ übernachten und es ist auch recht sauber, allerdings ist der Geräuschpegel in den zur Straße gewandten Zimmern echt hoch. Ich hatte auch das Pech, dass irgendwelche Leute meinten die müssten in der Nacht vor jenem Hostel ihren fetten Pickup reparieren und dazu noch zum testen immer wieder gut Gas geben. Nachts. Um 2 Uhr.

 

Tag 2

Etwas unausgeschlafen kroch ich morgens aus dem Bett, den Verkehr noch immer in den Ohren. Kurz fertig gemacht, fand ich mich bereits um 7:30 auf meinem Mopped wieder. Gurkte noch einmal runter zum See, dann aber zurück und Richtung Nyungwe Forest. Ein Mann mit dem ich mich am Vortag unterhielt gab mir dne Tipp, ich solle doch mal bei den Hot Springs bei „Cimerwa“ vorbeischauen. Cimerwa ist der Name des größten Zementhersteller des Landes, der Zufällig auch dort liegt. Eigentlich heißt der Ort Bugarama. Der Mann meinte ich würde etwa 30 Minuten von der Hauptstraße bis dorthin brauchen. Kann stimmen, dachte ich mir. Schließlich ist dort eine große Fabrik und die Straße ist bestimmt asphaltiert. – Nein, ist sie nicht.

Erst übersah ich die Einfahrt für die Straße. Fuhr zurück und fand nur einen Feldweg.Mir wurde aber der zufällig dort stehenden Polizei versichert, das dieser Weg sicher zu Cimerwa führt. Diesmal hielt ich übrigens freiwillig bei der Polizei, nicht andersrum wie am Vortag …

Die Straße war (und ist immer noch) scheiße. Deutscher Feldweg ist ein Traum dagegen. Bestenfalls hab ich es mal auf 30 km/h geschafft, die meiste Zeit bin ich aber mit 10 km/h und weniger über Faustgroße Steinbrocken geholpert. Meist waren die fest in den Boden gedrückt, manchmal aber eben nicht. Und Motorradfahrer können bestätigen: einmal den falschen Stein im falschen Winkel erwischt und schon liegt man. Ich hab mich davon nicht beirren lassen. Ich bin mit maximaler Konzentration dem Weg gefolgt, hab mich bei Leuten durchgefragt, wenn ich nicht weiter wusste, und kam irgendwie durch. Dachte mir, so weit ist es ja nicht, „halbe Stunde“. Ich wollte auch echt gerne zu diesen Quellen. Von der lokalen Bevölkerung wird ihnen sogar heilende Wirkung zugesprochen.

Zweimal hatte ich wieder richtig gute Aussichten, die aber besonders waren. Ich stieg vom Motorrad ab und schaute in die Ferne. Zu meinen Füßen ein Tal mit einem Dorf und dahinter mit Bäumen bedeckte Berge, etwas in Nebel gehüllt. Ich entspannte meine angestrengten Augen und die Berge schwammen davon. Sie rückten immer weiter von mir Weg und blieben doch an der selben Stelle. Ein eigenartiges Phänomen. Alleine in einem nebligen Wald auf einer Straße, die zu heilenden Quellen führt. Und dann Pseudo-Halluzinationen. Wäre ich Religiös, würde ich sagen der Wald sei verhext. Erst dachte ich, es sei eine optische Täuschung, die mit meinem Standpunkt zusammenhängt. Ich stand in einer – für mich in dem Moment – außergewöhnlich symmetrischen Position. Ich im Verhältnis zu den Umliegenden Bergen (im Nachhinein sehe auch ich diese Symmetrie nicht mehr). Beim Zweiten Ausblick hatte ich die gleiche Täuschung wieder und mir wurde klar, dass es mit meiner Konzentriertheit auf den Boden vor mir zu tun haben muss. Dadurch, dass ich so lange angestrengt auf kurze Distanz gestarrt habe, war meine Weitsicht wohl temporär getrübt.

Ich fuhr weiter und weiter, Steinen und Brocken ausweichend. Es ging immer weiter bergab und ich erreichte eine Stelle an der die Straße so schlecht war, dass ich das Motorrad hätte schieben müssen. Kein Spaß bei knapp 200 kg. Ich schaute auf Google Maps und stellte nach über einer Stunde Fahrt fest: ich hatte gerade mal die Hälfte geschafft. Ich blieb noch etwas stehen und wägte ab. Weiterfahren oder Umdrehen? Ich entschied mich umzukehren. Alleine die Fahrt und die seltsame optische Erfahrung waren schon die Mühe wert. Ich wollte lieber mehr Zeit bei dem haben, was noch vor mir lag.

Die Rückfahrt ging dann etwas schneller. Einmal musste ich Pause machen, weil der Motor bei all dem bergauf fahren zu heiß wurde.

Ich erreichte den Asphalt und das Gefühl glatter, ebener Straße war unglaublich erleichternd.

Die Reise ging weiter in Richtung Nyungwe Forest. Dem größten zusammenhängenden Bergregenwald Ruandas. Schon auf dem Weg dorthin wurde es ziemlich kalt, so dass ich meine letzte Lage Kleidung nach Zwiebelmethode auftragen musste. Das waren dann insgesamt zwei Jeans übereinander, ein T-Shirt, Pullover, Übergangsjacke und eine absolut Wind und Regendichte Jacke obendrauf. Leider weder Schal, noch Handschuhe. Glaubt mir wer, dass ich nur ein 1° südlich des Äquators unterwegs war? Nein? Konnte es auch kaum glauben. Aber so ist es bei Zweitausend Meter über dem Meeresspiegel im Regenwald in Ruanda.

Unterwegs, während ich mich durch die Kurven schlängelte, gab es immer mal wieder kleine Affen zu sehen. Mitten im Wald gibt es einen Sumpf, in dessen Nähe wohl mal Elephanten gelebt haben. Der Anblick dieses Sumpfes von der Straße ist ziemlich eigenartig wenn man bedenkt, dass er umrundet ist von dicht bewachsenen Bergen, selbst aber nur tiefe Gräser zu bieten hat und komplett flach ist. Leider wurden die Elephanten dort durch Wilderei vor Jahren ausgerottet. Die Regierung versucht aber dort wieder Populationen anzusiedeln.

Den Rest des Tages fuhr ich über Huye nach Ruhango, um dort zu übernachten. In Huye aß ich auch zu Mittag und besuchte das Ethnografische Museum. Dies soll wohl eins der besten Afrikas sein und ich kann bestätigen, dass es sehr interessant und informativ ist. Will auch hier nicht viel vorweg nehmen. Ist aber auf jeden Fall einen Besuch wert.

Tag 3

Ich brachte im Grunde nur das Motorrad zurück und die Strecke dorthin ist auch recht unspektakulär. Sie ist lediglich ein weiteres gutes Beispiel für das Problem der Bodenerosion in Ruanda. Auf dem Weg gibt es Unmengen an Erdrutschen und überall wird gebaut, um diesen in Zukunft entgegenzuwirken.

Zurück nach Ruhango nach nahm ich den Bus, der exakt die selbe Strecke zurück fuhr, die ich gekommen bin. Während die Hinfahrt auf dem Moped etwas mehr als 2 Stunden dauerte, dauerte der Weg zurück im Bus gute 5 Stunden.

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